Kritik: The Neon Demon

neon demonFür viele Hollywoodstars sind kosmetische Operationen ganz normale Prozeduren, die sie nach dem Frühstück an sich vornehmen lassen. Werden die Schönheitsoperationen jedoch sichtbar, so wie z. B. bei dem Dead or Alive Sänger Pete Burns, der kürzlich wieder mit einem neuen Gesicht in London gesichtet wurde, entstehen in den Internetforen hitzige Debatten darüber, inwiefern die Veränderung des Körpers im Namen der Schönheit noch vertretbar ist. Spätestens seit der schwarzen Komödie „Der Tod steht ihr gut“ ist der Schönheitswahn der Stars ein beliebtes Thema in Hollywoodfilmen. Wenn man diese Vorlage mit okkulten Sekten Motiven nach „The Wickerman“ (1973)  verbindet, dann kommt dabei „The Neon Demon“ heraus.


Handlung

Die Story ist schnell erzählt: Ein junges unschuldiges Mädchen steigt in der Mode-Branche von LA auf, wobei der Aufstieg sich immer mehr zu einem Albtraum entwickelt. Obwohl die Stimmung des Films weithin düster erscheint, ist ein ironischer Unterton allgegenwärtig vorhanden. Trotz dessen kann man „The Neon Demon“ nicht mit zynischen schwarzen Komödien wie „Der Tod steht ihr gut“ gleichsetzen, da die Kritik am Schöhnheitswahn im Großen und Ganzen recht platt ausfällt. Die Darstellerinnen agieren wie mechanische Marionetten und die Dialoge sind schleppend und monoton, was das, durch lange Einstellungen erzeugte, ohnehin schon langsame Tempo des Films noch mehr entschleunigt.

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Kritik

Um die bedrückende Stimmung des Films zu beschreiben, haben einige Kritiker die Werke David Lynchs als Vergleich herangezogen. Meiner Meinung nach ist dieser Vergleich hier nicht ganz treffend. Während David Lynch durch lange Einstellungen und Kamerafahrten, Ton und Musik eine bedrohliche Atmosphäre erzeugt, die den Zuschauer in das Geschehen hineinzieht, sind Refns Bilder zwar durch geziehlten Einsatz von Licht und Farbe und mit Hilfe von digitalem Edeting wie die Seiten eines Hochglanzmagazines gestylt, jedoch ansonsten eher statisch und langweilig. Es gibt dort nichts, was den Blick des Betrachters auf sich zieht und somit die langen Einstellungen rechtfertigen würde.

Die negative Entwicklung von Jesse der Protagonisten (gespielt von Elle Fanning) vom kleinen, freundlichen Mädchen zum oberflächlichen Modevamp, die ihren eitlen Modelkonkurrentinnen  immer ähnlicher wird, vollzieht sich sehr plötzlich. Der Grund für ihren charakterlichen Wandel wird nur angedeutet und ist vielfach interpretierbar. Die Tiefenpsychologie aus den Lynch-Filmen fehlt bei Refn fast völlig. Die okulten Blutorgien kommen einerseits recht überraschend daher, werden andererseits aber so sehr überstrapaziert, dass sie zunehmend lächerlich und extrem gewollt provokativ wirken. Daher verwundert es mich auch nicht, dass der Film in Cannes ausgebuht worden ist.

Immerhin bringt es Refn fertig, einige mysteriöse Ungereimtheiten und Doppeldeutigkeiten einzustreuen, die genug Spielraum für verschiedene Deutungen und Interpretationen bieten. Positiv hervorzuheben ist zudem der Techno-Soundtrack, dessen harte, schnelle Beats das Flackern der Neonlichter hervorragend unterstützt.


Fazit

„The Neon Demon“ weiß nicht, ob er ein Psychothriller, eine Satire auf Schönheitswahn und Modeindustrie oder einfach nur Eyecandy sein will.

5


Cast

  • Regisseur: Nicolas Winding Refn
  • Drehbuch: Nicolas Winding Refn, Mary Laws, Polly Stenham

Hauptdarsteller

Darsteller Rolle
Elle Fanning Jesse
Jena Melone Ruby
Carl Glusman Dean
Bella Heathcote Gigi
Abbey Lee Sarah

Nebendarsteller

  • Keanu Reeves
  • Christina Hendricks
  • Desmond Harrington


Weitere Meinungen

  • Schnitt: 6,3/10

6


Weitere Filme von Nicolas Winding Refn

  • Pusher (1996)
  • Bleeder (1999)
  • Fear X (2003)
  • Pusher II (2004)
  • Pusher III (2005)
  • Bronson (2008)
  • Walhalla Rising (2009)
  • Drive (2011)
  • Only God Forgives (2012)
  • The Neon Demon (2016)

9 Kommentare Gib deinen ab

  1. spurli sagt:

    Ich habe jetzt schon mehrfach gelesen, dass der Film nicht so gut weg kommt. Ansehen werde ich ihn trotzdem. Schon allein wegen dem Look des Films.

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  2. Stepnwolf sagt:

    Die Soundtracks und Bilder in Refn – Filmen sind ja immer gut. Interessante Geschichten mit Tiefgang erzählen ist allerdings irgendwie nicht sein Ding. Aber für Elle Fanning würde ich mir den Film durchaus antun.

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    1. Hab mir den Film eigentlich auch nur wegen Keanu Reeves angesehen.

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      1. trallala sagt:

        Ich würde ihn, wenn überhaupt, wegen Desmond Harrington gucken – ist seine Rolle groß oder nur ein/zwei Szenen?

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      2. JOHN sagt:

        Es ist lediglich eine Szene, wenn ich mich recht erinnere.

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      3. trallala sagt:

        😦 nagut, dann gibt es erstmal wichtigere Filme.. danke 🙂

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  3. Für mich ist das „Buhen“ nachvollziehbar. Allerdings kann man diesen Filmen auch schwerlich toll finden, denn er ist pure Negativität. Ich fand ihn großartig und er zählt für mich nach Drive zu den besten von Refn. Schön, dass es noch Regisseure gibt, die die Meinungen so auseinander gehen lassen.

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  4. hummingbird sagt:

    Ja, Refn scheint die Geister zu spalten – ich habe bisher sehr unterschiedlich ausfallende Rezensionen gelesen. Letzten Endes muss man sich wohl immer selbst ein Bild machen. Dennoch Danke für Deine Meinung – immer wieder spannend, unterschiedliche Meinungen zu lesen. Besonders, wenn man sich noch nicht sicher ist, ob man den Film sehen wird.

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