Gedanken der Woche: 5 Gründe La La Land zu haten

Auf jeden Fan muss ein Hater kommen. Um diese goldene Regel des Internetzeitalters erfüllen zu können, werde ich mir im Folgenden fünf Gründe aus dem Hut zaubern, um den Sofakritikern (zu denen ich mich auch selbst zähle) und Hipstern unter uns ein wenig das Leben zu erleichtern. Frei nach der Kultkomödie 10 Things I Hate About You steckt in manchen der Punkte ebenso viel Liebe wie Hass drin. Eigentlich wollte ich mir auch erstmal zehn Gründe einfallen lassen, aber mehr als fünf sind mir nicht eingefallen. Und Achtung es wird GESPOILERT !

1. Ryan Gosling und Emma Stone spielen gar nicht so gut.

Ok, wem erzähl ich das, natürlich spielen sie gut. Sie aufgrund ihrer geschmeidigen Perfomance aber mit allen möglichen Preisen zu überhäufen ist meiner Meinung nach trotzdem überzogen, weil die Rollen alles in allem ziemlich niedrigschwellig waren. Besser würde mir ein Preis für „Bestes Hauptpersonenduo“ gefallen, weil die Chemie zwischen den beiden wohl von niemand anderen hätte reproduziert werden können!

2. Super unrealistisch: Seb hat keine Kohle und trotzdem einen Oldie, mit dem er wohl sofort seinen Jazzkeller eröffnen könnte.

Das genaue Modell ist ein Buick Rivera mit rotem Leder, Jahrgang 1982 (sagt mir zumindest Google). Ist mir doch egal, dass das Auto Ryan Goslings Figur einfach perfekt charakterisiert, als Oldie-Lover, der Wert auf ’nen Kassettenspieler legt. Und sowas kriegt auch noch ’ne Nominierung für Bestes Drehbuch?? Oscars, pls!

3. Sebs Jazzklub ist ein Bonzenladen.

Das hat mich wirklich enttäuscht. Seb als Romantiker des alten Jazz müsste doch eigentlich einen dreckigen Keller führen, in dem ein Bier ein Dollar kostet, man auf Barhockern sitzt und vor lauter Zigarettenqualm in der Pause froh ist vor die Tür zu gehen. Stattdessen sitzt man in Ledersesseln, geht in Anzug und Kleidchen hin und sieht einem hochpoliertem schwarzen Flügel entgegen. Wo ist da die Authentizität?

4. La La Land feiert sich und Hollywood einfach zu hart. Und die Oscars machen mit.

Der Film ist voll mit Anspielungen auf Hollywoodikonen. Seb und Mia verlieben sich in dem Planetarium von Rebel without a cause und schauen sich den Film gleich mal an, in der Introsequenz wird der berühmte Panty-Shot von Marilyn Monroe nachgeahmt und Mia schläft unter einem Poster von Ingrid Bergman. Das ist alles herzallerliebst. Aber auch genauso scheiße, weil das alles nur herbeizitiert wird, um auf die Traumfabrik Hollywood zu verweisen, die nun seit 50 Jahren der Welt zeigt, was tolle Filme sind.

5. Und die Oscars machen auch noch mit.

Kein Wunder also, dass die Oscars grade diesen Film unter seine Fittiche nehmen, denn kein ein anderer Film hat dieses Jahr Hollywood so hochgehalten wie La La Land. Jahr für Jahr ignoriert grade diese Preisverleihung andere englischsprachige Filme, die sich nicht in ihr Schema pressen können. Das ist schade für Martin Scorsese, dessen neuer Film Silence von den Kritikern als neues Meisterwerk gelobt wird, aber als Geschichte zweier Jesuiten auf Mission im Japan des 17. Jahrhunderts keine Nominierung bei den Oscars erhält. Denn Hollywood muss Hollywood bleiben, sich weiter selbst feiern, um sich fortzuführen und seine Machtstellung als wirksamste Ideologiefabrik der Welt nicht instabil werden zu lassen.

In diesem Sinne – haten und haten lassen! Wer zu wenig hatet, verliert sich selbst.

10 Kommentare Gib deinen ab

  1. Auf welt.de und bento.de gibt es übrigens zwei ziemliche Verrisse zu dem Film, die einem fast schon die Tränen in die gefühlsgetrübten Augen treiben, wenn man liest, wie sie La La Land zerfleischen.

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    1. kuyaa sagt:

      haha, danke für den hinweis, die lass ich mir nicht entgehen

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  2. blaupause7 sagt:

    Wenn ein Film für so viele Oscars nominiert wird, denke ich so für mich, „wie einfallslos“ – können die ihre Nominierungen nicht etwas breiter streuen? Und jetzt geh ich mal den Verriss suchen

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  3. Tante Tex sagt:

    Endlich mal jemand, der auch die Löcher in der Handlung bemerkt hat! Das mit dem Auto war mir auch ein Konundrum. Ich meine: ja, der Film war gut, aber nicht ‚mich hauts aus den Socken! Der verdient jeden Oscar!‘-gut.

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  4. sa1zi sagt:

    In ein paar Punkten muss man dir einfach Recht geben..leider! Aber der Film geht einem einfach nicht aus dem Kopf und bleibt (bisher) bei einem TOP Erlebnis

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    1. kuyaa sagt:

      :), wie gesagt, bin ich auch nicht ohne Verehrung für den Film!

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  5. xsehu sagt:

    endlich mal jmd. in den Weiten des Netzes, der diesen Film nicht bedingungslos feiert 😀
    The Artist war da die deutlich gelungere Selbstbeweihräucherung Hollywoods

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  6. Stepnwolf sagt:

    Punkt 1 ist gar nicht mal so weit hergeholt, sehe ich nämlich genauso. Beide Darsteller können sehr viel mehr und haben dies in anderen Rollen auch schon längst bewiesen.

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  7. franziska-t sagt:

    Der Hype um LA LA LAND ist übertrieben. Klar, es ist ein schöner Film und ich fand ihn auch so gut, dass ich den irgendwann in meine DVD-Sammlung aufnehmen werde (Randnotiz: Sammeln Leute heutzutage eigentlich noch DVDs? Ich komme mir angesichts der Vielfalt an Streamingdiensten manchmal etwas altmodisch vor.)..

    Der Hype ist auch schlichtweg damit begründet, dass ansonsten keine guten Filme zur Auswahl stehen. Momentan sind wirklich scheiß Kinojahre und wenn man die ganze Zeit nur Scheiße serviert bekommt, freut man sich natürlich über ein leckeres 3-Gänge-Menü. Ohne Frage, man hätte uns auch ein 5- oder 10-Gänge-Menü servieren können, aber man ist schon froh, dass es appetitlich aussieht. Ist bei TONI ERDMANN doch auch nicht anders.

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  8. Ja, ich brauch den Hass. Mehr, mehr, mehr! dann fühle ich mich wenigstens nicht so allein. *lach*

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