Streitgespräch: Ist Stop Motion noch zeitgemäß?

John: Mit Stop Motion haben wir heute ein Thema, welches bei unseren beiden Diskussionsteilnehmern Staffan und Niklas sicherlich für viel Zündstoff sorgen wird. Schließlich kenne ich nicht im Ansatz jemanden wie Niklas, der sich in den letzten ca. 12 Jahren (seit er 10 Jahre alt ist) soviel sowohl mit der eigenen Entwicklung von Stop Motion Animationen als auch mit den Größen und Wegbereitern dieser Technik, wie Ray Harryhausen, beschäftigt hat. Vermutlich dadurch geprägt ist seine Sicht auf dieses Thema eine ganz andere als Staffans, der mit Stop Motion wenig anfangen kann. Warum das so ist, nun, Staffan, du hast das Wort.

Staffan: In der heutigen Zeit gehört für mich Stop Motion einfach in keinen Film mehr. Wir haben heutzutage so viele Möglichkeiten, Special Effects darzustellen. Modelle und Maschinen sind mir dabei die liebsten, CGI ist meinetwegen auch okay, wenn es gut aussieht. „Transformers“ zeigt ja, dass es funktioniert, zumindest von der technischen Seite. Aber Stop Motion wirkt, egal in was für einem Film, billig. Zum Glück gibt es ja nur noch selten Filme, die komplett darauf setzen. Aber wenn es dann solche Filme gibt, kann ich mir die nicht ansehen. „Wallace und Gromit“ und „Corps Bride“ wirken immer so abgehackt und billig, als würde ein Kleinkind einen Film selber drehen. Sowas will ich nicht sehen. Ich möchte das Gefühl haben, ein Meister  seines Fachs würde den Film drehen und kein Kleinkind.

Niklas: Erstmal möchte ich darauf hinweisen, dass bei einer teuren Stop-Motion-Produktion in Spielfilmlänge gleich mehrere Meister verschiedener Fächer beschäftigt werden. Unter anderem auch Modellbauer, Mechaniker und Architekten, die auch zu Realfilm-Produktionen eindrucksvolle Kreationen beigesteuert haben. Außerdem vertrete ich die These, dass ein Effekt nur dann misslungen ist, wenn er im inhaltlichen Kontext des Films seinen Zweck nicht erfüllt. In einem Agentenfilm zum Beispiel wirkt jeder Effekt, den man als solchen erkennt, egal ob CGI, Modellaufnahme oder Stop Motion, fehl am Platz und bringt die Handlung ins stolpern. In einem Fantasyfilm kann es jedoch ganz reizvoll sein eine märchenhafte Stimmung zu erzeugen, indem man gewollt sichtbare Effekte einsetzt, da man sowieso nicht weiß wie sich ein Troll bewegt. Zudem gab es in den Achtzigern und Neunzigern reale Spielfilme, in denen Stop Motion Effekte so eingesetzt worden sind, dass sie nicht als solche zu erkennen waren und auch von einem modernen Publikum nicht klassifiziert werden können oder überhaupt gar nicht erst auffallen.

Staffan: Dass man in den Achtzigern nicht erkannt hat, dass es sich um Stop Motion handelt, lag ja in erster Linie daran, dass man zu diesem Zeitpunkt nichts dergleichen kannte. Früher sind die Menschen auch aus den Kinos gerannt, als eine Eisenbahn auf die Kamera zugefahren ist. Das ist für mich also kein Argument. Heutzutage gibt es einfach bessere Alternativen, die ich bereits genannt habe. Und es ist ja auch nicht so, dass Stop Motion einfacher oder weniger aufwändig wäre. Im Gegenteil: Wie du schon gesagt hast, braucht man mehrere Leute, die daran arbeite, Modellbauer, Mechaniker und Architekten. Vergleich das mal mit dem Aufwand, eine CGI-Szene zu drehen. Und dann sieht das CGI auch noch so viel besser aus. So kann ich nur wiederholen, dass Stop Motion einfach überholt ist. Man sollte es einfach nicht mehr machen, es gibt doch so viel bessere Alternativen.

Niklas: Wie ich bereits erwähnte gibt es schon Filme, in denen die Stop Motion Tricks auch heute noch gut/realistisch aussehen. Das beste Beispiel ist dafür das Drachenweibchen Vermithrax aus dem Fantasyfilm „Der Drachentöter“ von 1981, welches sich heute noch locker mit Drachen wie Smaug oder Eragon messen lassen kann und für viele als beste Drachenkreation, die jemals in einem Fim zu sehen, war gilt. Oder das animierte Double von Robocop, welches am Schluss des Films das GeneCo Gebäude betritt und sich wie ein realer Schauspieler bewegt. Die abgehackte Hand aus dem ersten Addams Family Film wurde zwar zum größten Teil von einem mechanischen Modell und der Hand eines Schauspielers, dessen Körper aus den Szenen retuschiert wurde, dargestellt, es gibt jedoch auch einige Sequenzen, die mit einem Stop-Motion-Modell umgesetzt wurden, wobei dieses nicht von dem mechanischen Modell zu unterscheiden ist. Wenn du nun bemängelst, dass bei den meisten jedoch nicht allen Stop Motion Animationen, die Bewegungsabläufe lückenhaft oder abgehackt und deshalb nicht ästhetisch sind, kann man auch den Großteil aller Anime-Serien und South Park in die Tonne treten. Im Grunde genommen wird Stop Motion ja auch kaum mehr in Kombination mit realen Szenen verwendet. Außer vielleicht in surrealen Filmen wie „Der Schaum der Tage“ von 2014, in welchem sie auch als solchen zu erkennen sind aber sehr gut zum Inhalt passen. Hätte man die Tricksequenzen mit CGI realisiert hätte der Film einen großen Teil seiner Wirkung eingebüßt.

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