„For instance: If we took your bag and placed it over here – would that make it art?“
Ich freue mich sehr darüber, dass ich The Square gesehen habe, bevor er auch die kleineneren Programmkinos verlässt. Der Trailer ließ es erahnen. Dieser Film würde sich vermutlich ungewohnt kritisch mit „contemporary art“ und Installationskunst außereinandersetzen. Der außerdem großartige Handlungsrahmen war vorab nicht abschätzbar. Doch The Square liefert auch in diesem Bereich ab.
Anmerkung: Diese Einleitung schrieb ich vor mindestens einem halben Jahr – jetzt endlich greife ich den Entwurf wieder auf. Ich bin selbst gespannt, wie sich meine Erinnerungen nach so langer Zeit schlagen werden und ob diesem wunderbaren Film doch noch ein paar angemessene Zeilen schenken kann, dass sollte doch das mindeste sein.
Handlung
Aufmerksamkeit generieren durch größtmögliche Polarisierung; Das ist die „Strategie“, mit der eine extern engagierte Marketingfirma die neueste Installationskunst-Ausstellung in einem Museum für zeitgenössische Kunst in Stockholm bewerben will. „The Square“ – das ist ein begehbares Quadrat auf dem Platz vor dem Museum, welches ein Punkt der Begegnung und Verständigung sein soll. Museumsdirektor Christian ist unterdessen mit sich selbst beschäftigt, ihm wurde nämlich seine Brieftasche gestohlen. Eine waghalsige Drohbrief-Aktion soll ihn und seine Dokumente wieder zusammenführen, weitere Probleme vorprogrammiert. Die Baustellen in seinem Leben werden auf beiden Seiten immer größer und befeuern sich gegenseitig. Eskalationspotential wo hin man auch sieht.
Kritik
The Square wagt es, einen Blick auf moderne Installationskunst zu werfen, der generell schnell mit einer mangelnden Kenntnis der Materie – kunstwissenschaftlicher oder auch gesellschaftlicher Bildung, Banausentum oder schlicht mangelnder Interpretationsfähigkeit gleichgesetzt wird. Was muss ein „Kunstwerk“ also beim Betrachter hervorrufen? Die Frage nach dem Stellenwert von Ansätzen/Richtungen wie Realismus, Surrealismus, contemporary art etc. zu stellen ist töricht, weil sie wohl keine zufriedenstellende Antwort nach sich ziehen wird. Was jedoch hinterfragt werden kann ist der Wert, der manchen Installationen beigemessen wird, die absichtlich einfach ausgeführt werden, um sich ja nicht festzulegen und dem vermeintlich gebildeten Betrachter das Gefühl zu vermitteln, er habe selbst eine gewisse Leistung verbracht, indem ER allein die wahre Intention des Künstlers durchdrungen hat.Dabei scheint das Gewicht der „Aussage“ eventuell widersprüchlich proportional zum Abstraktionslevel des „Kunstwerks“ anzusteigen. Natürlich ist Interpretation immer zulässig und schließlich wichtiges Element einer jeden Kritik, das auch bei uns selbsternannten Filmkritiker nur zu oft den Weg in manchmal auch anmaßende „Kritiken“ zu finden vermag. Daher: Zurückhalten mit Verurteilungen und so. Schließlich interpretiere ich hier und da auch gerne. Jedoch über ein leuchtendes, unscheinbares Quadrat, welches in den Boden vor einem Museum für contemporary art/ Installationskunst eingelassen ist? Das vermutlich nicht. Und endlich hab ich den Bogen zu „The Square“ schlagen können, welch Erleichterung.
Wie in kursiv unter Einleitung bereits erwähnt, sind seit meiner Sichtung von The Square nun bereits viele Monate verstrichen. Umso mehr freut es mich beim Schreiben dieser Zeilen, dass dieser Film auch nach längerer Zeit meinen Fingern scheinbar mit Leichtigkeit ein paar Gedanken abzapfen kann.
The Square ist keineswegs ein Film für Kunstverdrossene oder -Begeisterte. Zumindest nicht nur. Dieser Film besitzt ein ganz wunderbar austariertes Verhältnis von Spannung, Witz und „Auseinandersetzung mit Kunst“. Ein hierzulande weitestgehend unbekanntes Schauspielerensemble und eine nicht vorhersehbare Handlung verleihen dem ganzen die extra Prise Echtheit (um mal das zurecht etwas gescholtene da überbeanspruchte Wort „Authentizität“ zu vermeiden).
Nicht außer Acht gelassen darf außerdem, dass dieser Film wohl die bedrückenste, beklemmendste, mit kaltem Schauer verbundene Filmszene beinhaltet, die ich bisher im Kino gesehen habe. Kudos daher an den unfassbar guten Affenmimen Terry Notary. Schrecklich gut umgesetzt.
Fazit
Allein der Umstand, dass The Square kein US-Film, sondern eine Schwedisch-Dänisch-Englische Ko-Produktion ist, die es hier leider nur in einige Programmkinos geschafft hat, ist mir Anlass genug, davon auszugehen, dass dieser Film den einen oder anderen Leser/Leserin unseres Blogs noch nicht erreicht hat. Für all jene daher hier die unbedingte Empfehlung: Schaut Euch The Square an – Punkt.
Terry Notary hat mir in diesem Film wirklich Angst gemacht. Warum er dafür nicht mehr Aufmerksamkeit in Form von Filmpreisen bekommen hat, ist mir absolut schleierhaft. Die Formulierung „schrecklich gut umgesetzt“ trifft es wirklich gut.
Hier meine Kritik: http://adoringaudience.de/the-square-2017/
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