Kritik: T2 Trainspotting

Fortsetzungen sind schwer, das wissen wir schon seit Kindesalter. Als der erste Trainspotting vor fast 20 Jahren ins Kino kam, fegte er die Kinolandschaft weg und schrieb sich als einer der coolsten Filme überhaupt in das kollektive Filmgedächtnis. Schon die Anfangsszene ist legendär: „Choose Life. But why would I want a thing like that? I chose not to choose life. And the reasons? There are no reasons. Who needs reasons when you’ve got heroin?“ Wer noch nicht weiß, dass die Hauptfigur Mark Renton (Ewan McGregor) sich am Ende grade gegen das Junkie-Leben entscheide und mit einem Lächeln und der Sonne im Rücken seinem stabileren Leben entgegengeht, sollte schleunigst den klassischsten aller Drogenfilme nachholen. Oops, gespoilt, sorry!

Dass das normale Leben aber doch nicht so toll ist – diese geniale Einsicht, führt Mark wieder zurück nach Edinburgh. In Amsterdam seiner Arbeit gefeuert und seiner Frau verlassen, also an so eine Perspektivlosigkeit gedrängt, dass er einen Neustart mit seinen alten Jugendfreuen wagt. Spud (Ewen Brenner) fällt ihm in die Arme, Sick Boy ist anfangs nicht so begeistert, doch versöhnt sich nach einigen nostalgischen Momenten wieder mit seinem alten Freund. Grade in dem auskosten dieser Nostalgie hätte so viel falsch gehen können. Kitschig wäre es gewesen sich nur auf diese zu konzentrieren und zu künstlich eine solche Wiederbelebung des immer noch andauernden Hypes. Aber Danny Boyle weiß es besser – sein zweiter Teil setzt auf Modernität. So spielen die inzwischen mittelalten Männer auf Snapchat herum und auch Boyles Kamera versucht gar nicht erst einen auf retro zu machen, sondern hüllt seine Bilder in einen etwas artifiziellen und kalten aber passenden Farbfilter ein.

Manche Dialoge wirken gestelzt, manche Reaktionen etwas aufgesetzt, aber diesen Hang zur sympathischen Blödheit hatte der alte Film auch. Spud ist immer noch der unschuldige Tollpatsch, der er immer schon war, dass sich bei dem nichts ändern überrascht nicht. Bei Sick Boy hat sich mehr verändert, inzwischen hat er eine hübsche Freundin und äußerst raffinierte Freundin namens Veronika, außerdem noch den fantastischen Plan Zuhälter zu werden und seine vererbte Kneipe im Nirgendwo endlich wieder aufzugeben. „Franco“ Begbies (Robert Carlyle) Rolle bringt die Spannung in die Geschichte. Denn der alte Choleriker flieht seinen Knastaufenthalt und ist nach dem Raub von vor zehn Jahren heiß wie eh und je. Die weiteren Einblicke in sein Leben verleihen dem Charakter hingegen eine angenehme Tiefe, die im ersten Teil gefehlt hat. So darf man feststellen, dass er nicht immer der kampfwütige Raudi ist, sondern auch eine Familie hat und die bürgerlichen Bedürfnisse seines Sohns irgendwie mit seiner groben Vorstellung von Leben vereinen muss.

Aber wie jeder vermuten kann, ist das alles nur die Basis, um die Referenzen auf den alten Teil aufscheinen zu lassen und den schönen Wind der Heimatluft durch das Kino wehen zu lassen. Die paar sparsam ausgewählten Takte von Underworlds Born Slippy erregen allein schon pure Gänsehaut. In einer anderen Szene starrt Mark auf eine Clubtoilette und man erhofft sich einfach nur das beste! Wie gesagt – Fortsetzungen drehen ist immer schwer, vor allem zu absoluten Kultfilmen. Trainspotting 2 kann vieles, ist unterhaltsam und lustig aber natürlich lange nicht so gut wie der erste Teil, dazu fehlen ihm einfach diese unvergesslichen Szenen, die über zwanzig Jahre im Kopf bleiben wohl noch immer die aufregendste Verfilmung verdrogter Jugendlicher darstellt.

7


Cast

  • Regisseur: Danny Boyle
  • Drehbuch: John Hodge

Hauptdarsteller

Darsteller Rolle
 Ewan McGregor Mark Renton
Ewen Bremner Daniel Murphy
Robert Carlyle Francis Begbie
Jonny Lee Miller Simon Williamson

Nebendarsteller

  • Kelly Macdonald
  • Shirley Henderson
  • James Cosmo
  • Irvine Welsh

Weitere Meinungen

  • Schnitt: 7,7/10

8


Die Filme von Danny Boyle

  • Kleine Morde unter Freunden (1994)
  • Trainspotting (1996)
  • Lebe lieber ungewöhnlich (1997)
  • The Beach (2000)
  • 28 Days Later… (2002)
  • Millions (2004)
  • Sunshine (2007)
  • Slumdog Millionär (2008)
  • 127 Hours (2010)
  • Trance (2013)
  • Steve Jobs (2015)
  • T2 Trainspotting (2017)

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