Geschichtliche Filme und Serien können mich normalerweise nicht wirklich reizen. Dafür ist Geschichte einfach zu selten so spannend, wie ich es mir von einem guten Film oder einer guten Serie wünschen würde. Ab und zu ist Geschichte aber doch so interessant, dass sie gerade dazu schreit, verfilmt zu werden. Ein solcher Fall ist der Bau der Atombombe in den USA, welcher besonders bekannt geworden ist als das Manhattan-Projekt. Da ich selbst im technischen Beruf tätig bin, bin ich nicht nur an den Konsequenzen der Bombe damals interessiert, sondern an den technischen Hintergründen. Ob die Serie jedoch meine Interessen abdecken kann oder doch nur ein weiteres langweiliges Abklappern der Geschichte ist, kann man nun in meiner Kritik erfahren.
Handlung
1942 wird unter der Leitung von Physiker J. Robert Oppenheimer das sogenannte „Manhattan-Projekt“ von der US-Regierung ins Leben gerufen: In Los Alamos, New Mexico soll die erste Atombombe der Welt gebaut werden, und das so schnell wie möglich – denn auch in Deutschland wird mit Hochdruck an der Entwicklung der zerstörerischen Waffe gearbeitet.
Kritik
Auch wenn es hier natürlich um geschichtliche Hintergründe geht und die Serie mit J. Robert Oppenheimer auch einen der berühmtesten Wissenschaftler der Neuzeit in seinem Figurenensemble besitzt, haben die Macher von Manhattan öfter darauf hingewiesen, dass man keinen großen Wert auf geschichtliche Korrektheit setzt. Genau diese Aussage, die andere Zuschauer eventuell abschrecken würde, hat mich aber erst noch mehr für die Serie interessiert. Indem man sich von den geschichtlichen Zwängen trennt, hat man sehr viel mehr Möglichkeiten in der Erzählung seiner eigenen Geschichte. Diese Freiheiten merkt man der Serie auch durchaus an.
Eine gute Dramaserie lebt nun einmal von ihrer Story und ihren Figuren, so auch „Manhattan“. Und im Punkt Story weiß die Serie auch zu überzeugen. Die Tatsache, dass alle Figuren in einem Dorf leben und von der Außenwelt komplett abgeschottet sind, sorgt für eine andauernde Spannung, die immer unbehaglicher wird. Besonders beklemmend ist dabei die Tatsache, dass es so viele Geheimnisse gibt. Die Wissenschaftler dürfen nicht über ihre Arbeit sprechen und Briefe nach außen werden ohnehin zensiert. Insofern wurde die Stadt auf Lügen gebaut und lebt davon. Genau das ist das Motto der gesamten Serie. Es werden Intrigen gesponnen und Lügen verbreitet, das alles unter dem Hintergund, dass jeder auf seine Art den Krieg gewinnen will, der natürlich auch über allem schwebt.
Diese Konstellation funktioniert in der Theorie perfekt. Würde man eine Geschichte schreiben wollen, in der Intrigen und Lügen an der Tagesordnung sind, der hätte sich kein besseres Szenario wünschen können. Jede Folge und jede Szene lebt davon, dass wieder ein Geheimnis auffliegen könnte. Jedoch braucht die Serie auch sehr lange, um in Fahrt zu kommen. Die ersten Folgen versprechen zwar eine schnell anziehende Story, nur leider vergeht der anfängliche Schwung schnell wieder. Erst am Ende der Staffel kann die Handlung dann wieder richtig anziehen, sodass sie mich wirklich stark in ihren Bann gezogen hat. Es gibt dann auch immer wieder die Szenen, die einen sprachlos zurücklassen und einen daran erinnern, wozu diese Serie eigentlich fähig ist.
Ein großes Problem von“Manhattan“ sind dagegen die Figuren. Wenn ich so über die erste Staffel nachdenke, fällt mir keine Figur ein, die mir wirklich nahe gegangen ist. Es gibt den jungen Superphysiker, der dem älteren den Rang ablaufen möchte, bis sie zusammenarbeiten müssen, die typischen Nerds, die allerdings besser charakterisiert sind als anderswo und immer wieder die arroganten Würdenträger, die es in jeder Geschichte geben muss, die in irgendeiner Weise mit dem Militär zusammenhängt. Dabei sind so viele Stereotypen und langweilige Figuren dabei, dass man kaum merkt, wer denn nun die Person sein soll, mit der man mitfiebert. Das größte Problem dabei ist, dass die Hauptfiguren einfach unsympathsich sind. Entweder sie sind arrogant oder sie intrigieren hinter den Rücken der anderen. Die eine gute Figur gibt es hier nicht. Sicherlich könnte man jetzt sagen, dass solche Figurenkonstellationen bei anderen Serien (z.B. „Game of Thrones“) gefeiert werden, dort sind sie aber auch nachvollziehbar. Hier möchte man zwar den Krieg gewinnen, die einzelnen Wege dahin sind aber öfter nicht nachzuvollziehen.
Das klingt jetzt aber auch negativer als es gemeint ist. Spannung und eine bedrückende Stimmung kommt ja dennoch zustande, die für die Serie auch unabdingbar ist. Zudem bietet „Manhattan“ auch sonst sehr viel, wie eine Kulisse voller Liebe zum Detail, einen guten Einblick in das Leben während des zweiten Weltkriegs und überraschend starke Frauenfiguren. Auf diese Punkt noch explizieter einzugehen, würde aber schon fast ins Spoiler-Territorium fallen, deswegen lasse ich sie mal aus. Sie sollen nur verdeutlichen, dass die Serie mehr zu bieten hat, auch wenn die Figuren nicht optimal gezeichnet sind.
Fazit
Manhattan ist auf jeden Fall eine der besseren Geschichtsverfilmungen, die man so finden kann, nur leider krankt sie an mehreren Stellen, besonders an den Figuren. Wer aber mal einen anderen Blick auf den Zweiten Weltkrieg werfen will oder einfach nur auf Spannung und Intrigen steht, ist hier an der richtigen Adresse.
Bonus: Blu-Ray-Kritik
Manhattan erschien am 7. Juli auf Blu-Ray und DvD und ich hatte im Vorfeld die Möglichkeit, die Serie zu schauen. Auf Blu-Ray bieten sich dem Zuschauer neben der Folgen auch noch vier verschiedene Specials, die alle sehr sehenswert sind. Mit ungefähr einer Stunde Extrazeit hat man auch noch einiges zu sehen, sollte aber vorher de Serie gesehen haben, da man sonst gespoilert werden kann. Besonders der Beitrag zu Oppenheimer ist sehr interessant und macht es noch etwas trauriger, dass Oppenheimer so wenig Leinwandzeit bekommt. Der provisorische Beitrag über die Darsteller ist zwar nett, bringt aber keine neuen Erkenntnisse, dafür sind die anderen Specials über die Kulissen und über das allgemeine Leben in der Zeit sehr sehenswert. Da wird einem einiges geboten, sodass sich der Kauf auch lohnen kann. Größter Kaufgrund ist aber weiterhin die Serie an sich, die Extras sind dann nur noch das i-Tüpfelchen.
Cast
- Showrunner: Sam Shaw
Hauptdarsteller
Darsteller | Figur |
---|---|
Ashley Zukerman | Charlie Isaacs |
Rachel Brosnahan | Abby Isaacs |
John Benjamin Hickey | Frank Winter |
Olivia Williams | Liza Winter |
Katja Herbers | Helen |
Nebendarsteller
- Michael Chernus
- Christopher Denham
- Harry Lloyd
- Daniel Stern
- Alexia Fast
- Stafford Douglas
- Daniel London
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