Kritik: Nobody

Nach Monaten des Wartens und zuhause Hockens war es Anfang Juli endlich wieder so weit: Die Kinos haben geöffnet! Es gab wohl nicht, worauf ich während dieser doch immer noch seltsamen Zeiten mehr hingefiebert hätte. Also war es direkt am 1. Juli soweit. Ich habe meinen Kumpel gefragt, was er gerne sehen würde, immerhin stehen ja mit „Wonder Woman 1984“, „Monster Hunter“ oder auch „Godzilla vs. Kong“ etliche große Blockbuster in den Startlöchern. Und er entscheidet sich für Nobody, einem eher billig aussehenden Actionfilm mit Bob Odenkirk in der Hauptrolle, der jetzt auch nicht für seine körperbetonten Rollen bekannt ist. Aber gut, ich wollte ja vorrangig ins Kino. So bin ich also rein, mit gewissen Vorurteilen im Kopf und habe endlich meinen ersten Film seit Monaten genossen. Naja, ob ich ihn wirklich genossen habe, da muss ich doch etwas mehr in meiner Kritik ausholen.


Handlung

Der Familienvater Hutch (Odenkirk) lebt ein langweiliges Leben. Seine Frau (Connie Nielsen) hat im gemeinsamen Bett eine Kissenabgrenzung gebaut, die Arbeit mit ihren Excel-Tabelle macht ihn mürbe und nach einem Überfall auf sein Haus hat sein Sohn (Gage Munroe) jeglichen Respekt vor ihm verloren. Als dann jedoch auffällt, dass bei dem Überfall auch noch die Kätzchen-Kette seiner Tochter gestohlen worden ist, macht er sich auf die Suche und weckt dabei böse Geister in Form des russischen Mafia-Bosses Kuznetsov (Aleksey Serebryakov). Da ist ja nur Glück, dass Hutch nicht der langweilige Office-Mitarbeiter ist, der er vorgibt zu sein.


Kritik

Wer sich die Handlung so durchliest und dann auch einige Szenen des Trailers gesehen hat, der wird nicht umhinkommen, Nobody mit „John Wick“ zu vergleichen, meiner Meinung nach eine, wenn nicht sogar die beste Actionreihe der letzten Jahre. Und dieser Vergleich kommt nicht von irgendwoher, denn mit David Leitch im Produktionsteam und Derek Kolstad auf dem Autorenstuhl sind mindestens zwei der maßgeblich an der Entstehung von „John Wick“ beteiligten Personen auch bei „Nobody“ dabei. Der große Unterschied zwischen den beiden Filmen ist dann aber für mich, dass sich „John Wick“ nicht so ernst nimmt. Spätestens ab dem zweiten Teil wird in Sachen Wordbuilding so am Rad gedreht, dass es für mich eine wahre Freude war, dort zuzuschauen. Diese Überhöhung hat „Nobody“ auch, allerdings nicht im Ansatz so spaßig und im Grunde eher ziemlich dümmlich.

Natürlich ist es witzig, wenn Odenkirk sich vor jeder Actionszene schon auf das Gefecht freut, aber gerade das ist dann doch auch problematisch. Gerade in der Szene, die alles in Gang setzt, finde ich den Grad der Gewalt eigentlich nicht gerechtfertigt. Dann folgt zwar die beeindruckendste Szene, was die Action angeht, aber ich möchte schon, dass diese Szenen wenigstens ein bisschen im Vorfeld aufgebaut werden. „John Wick“ hat auch davon gelebt, dass Keanu Reeves gerade keinen Bock darauf hatte und immer wieder dazu gezwungen wurde, hier ist es Gewalt der Gewalt wegen. Mir hat das übel aufgestoßen, ich habe aber auch etliche andere Meinungen gehört, man kann also ohne Frage Spaß daran haben.

Und wenn wir schon beim Vergleich mit „John Wick“ sind, dann muss natürlich auch über die Action gesprochen werden. Und dann bin ich ehrlich gesagt schockiert gewesen, wie uninspiriert und auch teilweise wirklich schlecht das alles aussah. Die Szene, die ich oben genannt habe, ist da eine Ausnahme. Auf engstem Raum wird da ohne Rücksicht auf Verluste geprügelt, da geht man mit, da fühlt sich jeder Schlag hart an. Das geht dann aber leider im weiteren Verlauf des Films unter, was auch daran liegt, dass man sich komischerweise dazu entschlossen hat, den Gewaltgrad nicht allzu hoch zu drehen. Dadurch wird auch weggeblendet oder geschnitten, was dem Ganzen auch nochmal den Schwung nimmt.

Also lässt sich sagen: Die Action ist nicht großartig bis auf einige Ausnahmen, aber kann trotzdem gut unterhalten. Wie sind denn dann die Schauspieler? Da muss man ehrlich sagen, dass es gar nicht so einfach zu bewerten ist. Während Odenkirk und Serebryakov den Großteil der Leinwandzeit haben und diese auch fulminant nutzen, werden Nebendarsteller wie Connie Nielsen und Christopher Lloyd wohl nicht lange in Erinnerung bleiben und wenn, dann eher negativ. Aber da sie keine große Rolle spielen, ist das zu verschmerzen. Am meisten fällt es dann wohl im Finale ins Gewicht, wenn Lloyd und RZA (?!) kräftig mitmischen. Das ist dann leider auch der Tiefpunkt, da dort zum einen jeglicher Realismus über Bord geworfen wird und zusätzlich nicht einmal mehr versucht wird, kreative Action zu präsentieren.


Fazit

Insgesamt ist Nobody eher Flickwerk als konsistenter Film. Weder bei den Actionszenen, noch bei den Schauspielern oder gar der Handlung kann ein konstantes Niveau gehalten werden. Während Odenkirk gewohnt großartig spielt und auch körperlich beachtlich zu Werke geht, wirken andere Darsteller als Störfaktoren. Und auch wenn das Niveau der Action stark schwankt, von überragend zu langweilig, kann man eines dem Film doch nicht absprechen: Auf irgendeine kuriose Art und Weise ist der Film unterhaltend, nur oftmals nicht auf eine gute Art und Weise.


Cast

Regie: Ilya Naishuller

Drehbuch: Derek Kolstad

Hauptdarsteller*innen

Darsteller*inFigur
Bob OdenkirkHutch Mansell
Aleksey SerebryakovYulian Kuznetsov
Connie NielsenBecca Mansell
Christopher Lloyd David Mansell

Nebendarsteller*innen

  • Michael Ironside
  • Colin Salmon
  • RZA
  • Billy MacLellan
  • Araya Mengesha
  • Gage Munroe
  • Paisley Cadorath

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