Vor einigen Monaten hatte ich im Kino den ersten, äußerst minimalistischen Trailer zu Mother! gesehen, der direkt meine Neugierde weckte. Zu sehen war so gut wie nichts, für ein paar Sekunden bekam man einen Blick auf einige der Darsteller (Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Michelle Pfeiffer) sowie auf ein großes Landhaus, was wohl Austragungsort der gruseligen Geschichte werden würde. Ansonsten bekam man lediglich weiße Schrift auf schwarzem Grund präsentiert, begleitet von leidvollen Schreien und einem Unbehagen bereitenden Streicherklang. Dies gekoppelt an die leicht verwaschenen und von gedeckten Farben dominierten Bilder, erinnerte mich die transportierte Stimmung trotz der geringen Laufzeit des Trailers an Filme wie „das Omen“. Ich blickte dem Release freudig entgegen. Vor knapp 2 Wochen begann die ungewöhnlich ausführliche Berichterstattung über das Feedback bei den Filmfestspielen in Cannes. Die Kritiker waren von Darren Aronofskys neuestem Werk wenig überzeugt und sorgten für eine frühe mittelmäßige Bewertung z.B. auf Imdb. Seit der Film auch dem gemeinen Publikum zugänglich ist, scheinen die Wertungen stetig ein wenig hochzuklettern, was mich nur freut. Wobei ich sehr gut nachempfinden kann, dass dieser Film nicht jedem gefallen wird. Aber gerade das macht viele Filme ja erst besonders spannend.
Handlung
Eigentlich hat das Paar (Jennifer Lawrence & Javier Bardem – sie tragen im Film keine Namen und werden lediglich mit Him und Her betitelt) allen Grund glücklich zu sein. Und sie sind es auch – gemeinsam in dem großen, leeren Haus, in dem Er aufwachsen ist und von dem Er sich endlich Inspiration für sein neues Buch erhofft. Sie liebt die Restaurationsarbeiten, mit denen Sie das bereits fast vollständig heruntergebrannte Gebäude wieder in ein gemütliches und lebenswertes Zuhause verwandelt. Doch es scheint nicht genug zu sein – auch Sie scheint ihm nicht genug zu sein – äußere Einflüsse und Menschen müssen das Glück stören, damit seine Fantasie zu Höchstleistungen angetrieben wird und die Ideen aus Ihm heraussprudeln. Und so wird die Zweisamkeit von allerlei aufdringlichen Unbekannten gestört, die Er mit größter Freude in ihrem Haus aufnimmt. Sie ist von alledem alles andere als begeistert – findet aber keine Möglichkeit, Ihrem Unmut genügend Gehör zu verschaffen, da sich niemand dafür zu interessieren scheint. Ihre Entfremdung und sein zügelloser Größenwahn eskalieren in einem albtraumartigen Chaos..

Kritik
Mother hat einen gemächlichen Aufbau – das Unbehagen schleicht sich langsam aber unaufhörlich immer näher. Da die Kamera meist wie ein zweiter Kopf oder Schatten an Jennifer Lawrence klebt und man ihre Schwächeanfälle visuell als auch akustisch miterlebt, ist die die Rolle des Zuschauers schnell klar. Umso stärker ist der Bruch, der mit dem Ende eingeläutet wird – mit einem Mal ist man wieder vollständig losgelöst und jeder Persönlichkeit beraubt – Das ultimative Finale einer immer schlimmer werdenden Handlungsunfähigkeit. Wie in einem Traum, in dem man sich bewusst wird, dass man auf den weiteren Verlauf einfach keinen Einfluss nehmen kann. Bei Mother! haben wir also das Gegenteil eines luziden Traums. Ausgeliefert bis zum bitteren Ende.
Die Wahl der Besetzung ist äußerst stimmig, nicht nur spielen alle Darsteller ihre Rollen ganz hervorragend aus (Jennifer Lawrence & Javier Bardem), sie scheinen wie gemacht für ihre Charaktere – unberechenbar, oberflächlich nett und doch skrupellos (insbesondere Michelle Pfeiffer, und auch Ed Harris). So viel steht fest, nicht die Besetzung hat die „Schuld“ an der gemischten Resonanz zu tragen. Ich setze sie bewusst in Anführungszeichen, da ein polarisierender Film, über den geredet wird, es oftmals Wert ist, sich ein eigenes Bild zu machen. Mother! ist definitiv ein Film, der die Gemüter spaltet und das ist verständlich. So ruhig manch einer die erste halbe Stunde finden mag, so sehr entbehrt der Film gegen Ende hin immer mehr jeglicher Subtiliät. Grausamkeit zieht in das Haus ein, gleichzeitig verschwimmen Raum und Zeit – der Realismus entschwindet irgendwann gänzlich. Aronofsky zeichnet gern gewalt(ät)ige Bilder und schreckt nicht davor zurück, sie dem Zuschauer „volle Breitseite“ entgegenzuschleudern. Eigentlich kreide ich solche Punkte bei vielen Filmen negativ an – allerdings, weil sie meist dafür dienen, ausnahmslos jedem Zuschauer mit mangelnder Auffassungsgabe einzutrichtern, was gerade geschieht. Bei Mother! handelt es sich jedoch vielmehr um ein Spirale, ein Grauen, welches immer tiefere Kerben zieht – am liebsten mit den Fingernägeln und der entsprechenden Sounduntermalung.
Wer sich nicht sicher ist, ob ihm Mother! wohl gefallen wird, sollte dem Film tatsächlich einfach eine Chance geben und sich selbst ein Bild machen – wer bereits weiß, dass er mit Gewaltdarstellung in Filmen nicht zurechtkommt, kann entweder auf den Film verzichten oder aber sehr einfach an zwei Stellen für ein paar Sekunden den Blick abwenden. Wer gern eine ausführlichere Einschätzung oder persönliche Empfehlung diesbezüglich bekommen möchte, kann das gern in die Kommentare schreiben.
Fazit
Mother! ist sicher eine der Überraschungen des momentanen Kinojahres und ein Film mit viel Nachhall. Wer mal wieder einen neuen Psycho-Horrorfilm sehen will, welcher sich keiner überbeanspruchten Elemente bedient, sondern gekonnt die Grenzen zwischen real vorstellbarem Grauen und Albtraum verschwimmen lässt, ist mit Mother! gut beraten.
Cast
- Regisseur: Darren Aronofsky
- Drehbuch: Darren Aronofsky
Hauptdarsteller
Darsteller | Figur |
---|---|
Jennifer Lawrence | Mother |
Javier Bardem | Him |
Nebendarsteller
- Ed Harris
- Michelle Pfeiffer
- Brian Gleeson
- Domhnall Gleeson
Weitere Meinungen
- Andreas Eckenfels (Die Nacht der lebenden Texte)
- Antje Wessels (Wessels Filmkritik)
- Christian Neffe (Audio\visuell) – 5,5/6
- Dennis Lebski (Filmspleen)
- Der Filmkürbis – 7/10
- Der Plappergott (Der Plapperblog) – 6/10
- Donpozuelo (Going to the Movies) – 6/10
- Flightattendantlovesmovies
- Matzematiker (Filmfraß) – 4/5
- Miss Booleana – 8/10
- MissCharlesDexterWard – 9/10
- Peeweeski (Popkulturelle Differenzen)
- Prestophisto (The Popcornguys) – 7/10
- Robin Längert (Inglourious Filmgeeks) – 8/10
- Shalima Moon (Shalimas Filmwelten Kritik) – 5/10
- Schnitt: 7,6/10
Die Filme von Darren Aronofsky
- Pi (1998)
- Requiem for a Dream (2000)
- The Fountain (2006)
- The Wrestler (2008)
- Black Swan (2010)
- Noah (2014)
- mother! (2017)
Tatsächlich bin ich sehr allergisch gegenüber Gewaltdarstellungen, insbesondere, wenn sie nicht in der Geschichte begründet sind. Zumindest das ist hier ja nicht der Fall. Ins Kino gehe ich für den Film wohl nicht, werde ihn mir aber fürs Heimkino vormerken. Da könnte man dann auch ausschalten, wenn er so gar nichts für einen ist.
LikeGefällt 1 Person
Ein guter Plan! 😀
LikeGefällt 1 Person
Ja, finde ich auch 🙂 .
LikeLike